CRUCIBLE

1998
Die Stadt


JOHN DUNCAN ist das, was man eine "unwanted person" neemt. Dem Weltenbummler in Sachen Performance-Kunst wurde bereits in mehreren Ländern die Aufenthaltsgenehmigung entzogen, weil er sich mit seinen Hardcore-Performances zum Thema Pornographie nicht besonders viele Freunde machte. Auch soundmatäßig trifft DUNCAN nicht gerade den Massengeschmack, denn seine Zusammenstellung von dokumentarischem Material - u.a. von religiösen Tierschlachtungen in Thailand - und wilden Frequenzgeräuschen bietet zwar einen höchst intensiven, aber nicht eben unanstrengenden Hör "genuß". JOHN DUNCAN lotet in seiner Arbeit kulturelle Abgründe aus, ohne dabei jedoch eine affirmative Haltung einzunehmen. Er untersucht, legt seine Finger in die Wunden und fragt nach den gesellschaftlichen Voraussetzungen, unter denen z.B. Pornographie erst entstehen kann. Mit CRUCIBLE liegt nun ein Live-Album von JOHN DUNCAN vor, das eine Performance in dem winzigen italienischen Dorf Topolo dokumentiert. Topolo liegt - völlig abgeschnitten von der Außenwelt - direkt an der italienisch-slovakischen Grenze. Die Einwohner des Dorfes wurden von den italienischen Nationalisten für Spionage-zwecke mißbraucht, und in der abgeschiedenen geographischen Lage konnte sich hier ein wahres Naturparadies entwickeln. DUNCAN verstärkt Geräusche von fließenden Bächen und Quellen, arbeitet mit atmosphärischen Störgeräuschen, und was dabei herauskommt, ist ein intensives Sounderlebnis von glasklarer Präsenz. CRUCIBLE kommt übrigens in einer wunderschönen Holzbox mit informationen zur dokumenteirten Performance.

-- Sascha Ziehn; DAS SPEKTAKEL